Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert.

In vielen Bereichen unseres Lebens stellen sich heute drängende moralische und gesellschaftspolitische Fragen: In der medizinischen Forschung, in der Arbeitswelt, im Umgang mit den Medien. Das Bedürfnis nach grundsätzlicher ethisch-moralischer Orientierung in diesen sensiblen Fragen wird immer lauter, und die Einsetzung eines nationalen Ethikrates ist ein unmittelbarer Reflex dieses Bedürfnisses.

Die Vortragsreihe greift exemplarisch einige der aktuellen Probleme auf und reflektieren sie vor dem Hintergrund moralphilosophischer bzw. ethischer Theorien: Medizinethische Probleme (Klonen, Ethik im Krankenhaus, Einsatz von Technik u.a.) und medien- und umwelttechnische Fragen werden ebenso behandelt wie Gerechtigkeitsfragen in der Ökonomie.

Oktober 1998 – Juli 1999
In Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung
Veranstaltungsort: Deutsch-Amerikanisches Institut, Heidelberg

Vorträge der Reihe:

Prof. Dr. Jeff Malpas – Gibt es ein Recht auf Forschung?

Prof. Dr. Jeff Malpas
University of Tasmania, Australien

Jeff Malpas, geb. 1958 in Campsie / New South Wales, Australien studierte Philosophie und Geschichte an der University of Auckland und der Australian National University. Anschliessend war er Associate Professor in Philosophie an der Murdoch University (Australien). Nach Forschungsaufenthalten an den Universitäten Berkeley, Uppsala und Umea war er 1998/99 Humboldt Stipendiat am Philosophischen Seminar der Universität Heidelberg. Seit 1999 ist er Professor an der University of Tasmania. Er ist Mitglied des Editorial Board des Australasian Journal of Philosophy und Autor zahlreicher Bücher und Aufsätze. U.a. erschien: Donald Davidson and the Mirror of Meaning sowie Death and Philosophy (zusammen mit Robert C. Solomon).

Gibt es ein Recht auf Forschung?

Seit vielen Jahren wird in der Medizin die Frage ethischer Grenzen bei der Forschung am Menschen diskutiert. Neuerdings hat die Diskussion sich über die Medizin und Psychologie hinaus auf alle Bereiche der Geisteswissenschaften ausgedehnt. Einige Wissenschaftler wehren sich gegen ethische Grenzen mit der Begründung, das es ein Recht auf Forschung gebe. Dieses ergibt sich aus dem Wert von Erkenntnis als öffentliches Gut. Aber gibt es ein solches Recht überhaupt? Darf man zum Wohle der wissenschaftlichen Forschung in das Privatleben der Bürger eingreifen? In dem Vortrag wird diese Frage von zwei Seiten beleuchtet, indem der Hintergrund zu der laufenden Debatte dargelegt wird und sichtbar gemacht wird, welche komplexe Folgeprobleme sich daraus ergeben.

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

Vortrag gehalten am 20.10.1998 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

 

Prof. Dr. Weyma Lübbe – Sind wir alle Täter? Kollektiv verursachte Zivilisationsfolgeschäden als ethische Herausforderung

Prof. Dr. Weyma Lübbe
Universität Leipzig

Prof. Dr. Weyma Lübbe, geb. 1961 in Münster/Westfalen. Studium der Philosophie, Literaturwissenschaft, Soziologie und Volkswirtschaftslehre in Zürich, Konstanz und München. Assistententätigkeit als Soziologin und Philosophin, Promotion (1989) und Habilitation (1997) im Fach Philosophie an der Universität Konstanz. Promotionsstipendium der Hanns Martin Schleyer-Stiftung, Habilitationsstipendium der Deutschen Forschungs-gemeinschaft, 1997/98 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. 1998 Heisenberg-Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seit 1999 Professorin an der Universität Leipzig. Zuletzt erschien: Verantwortung in komplexen kulturellen Prozessen, Freiburg: Alber 1998.

Sind wir alle Täter? Kollektiv verursachte Zivilisationsfolgeschäden als ethische Herausforderung

Von Verantwortungsethikern wird im Rahmen der Diskussion über industrialisierungs-bedingte Schäden und Risiken eine Ausdehnung der Verantwortung nach Maßgabe der gestiegenen „Reichweite der Taten“ gefordert. Die Debatte leidet jedoch an Mängeln der Identifizierung der Handlungssubjekte und der Bedingungen, unter denen eine Zurechnung von Handlungsfolgen als „Taten“ überhaupt stattfinden kann. Der Vortrag macht sichtbar, welch voraussetzungsvolle und schwierige Aufgabe es ist, angesichts der steigenden Komplexität der Handlungsketten in hochorganisierten Gesellschaften die Zurechnungs-kategorien funktionsfähig zu halten.

Klaus von Trotha studierte Rechtswissenschaften und Politische Wissenschaften in Berlin, Bonn und München. Von 1976 bis 2001 war er Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg. Von 1991 bis 1992 Minister für Wissenschaft und Kunst, von 1992 bis 1996 Minister für Wissenschaft und Forschung und von 1996 bis 2001 Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg. Von 1996 bis 2001 war er Vertreter der Deutschen Bundesländer im Forschungsministerrat der Europäischen Union. Er ist Autor zahlreicher Aufsätze zu Fragen der Bildungs-, Wissenschafts-, Kultur- und Medienpolitik.

Vortrag gehalten am 17.11.1998 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

Prof. Dr. Horst Helle – Sind wir die ethischen Kolonisatoren zukünftiger Generationen?

Prof. Dr. Horst Helle
Universität München

Professor Dr. Horst J. Helle stammt aus Hamburg, wo er Gymnasium, Studium, Promotion und Habilitation absolvierte. Er studierte zunächst Betriebswirtschaftslehre, wurde dann Doktorand bei Helmut Schelsky, arbeitete drei Jahre in der Industrie und wurde Privatdozent der Soziologie. Drei Rufe auf ordentliche Professuren führten ihn an die RWTH Aachen, die Universität Wien und die Universität München, wo er seit 1973 lehrt. Auslandsaufenthalte verbrachte er in den U.S.A., Südkorea und China.

Sind wir die ethischen Kolonisatoren zukünftiger Generationen?

Am Beispiel des Kulturwandels im (ehemals?) christlichen „Westen“ (San Francisco bis Moskau) seit Mitte der sechziger Jahre wird skizziert, wie eine Generation die nachfolgende ethisch beeinflussen kann. Daran anschliessend wird theoretisch die Notwendigkeit begründet, ein ethisches Konzept zu entwickeln, daß dynamisch ist, ohne relativistisch und subjektivistisch zu sein. Dabei wird auf Georg Simmel Bezug genommen.

Vortrag gehalten am 24.11.1998 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

Dr. Matthias Kroß – Ist all das, was juristisch erlaubt ist, auch ethisch vertretbar in der Politik?

Dr. Matthias Kroß
Einstein Forum, Potsdam

Dr. Matthias Kroß, geb. 1953 im Harz, studierte Geschichte, Politikwissenschaften, Philosophie und Kunstgeschichte. Nach Lehrtätigkeit am Gymnasium, an Universitäten und in der politischen Erwachsenenbildung ist er seit 1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Einstein Forum in Potsdam. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Themen der philosophischen Ethik, zur Theorie der Geisteswissenschaften und zur Philosophie Ludwig Wittgensteins. Zuletzt erschien: Die ungewisse Evidenz und Eine Kulturgeschichte des Beweisens (zusammen mit G. Smith) und Mit Sprache spielen. Die Ordnungen sowie das Offene nach Wittgenstein (zusammen mit H.-J. Schneider).

Ist all das, was juristisch erlaubt ist, auch ethisch vertretbar in der Politik?

Daß auch die Politik sich an ethischen Maximen zu halten habe, ist seit der Antike eine der vertrauensbildenden Grundüberzeugungen der Staatsbürger. Die geschichtliche wie auch die heutige Alltagserfahrung hingegen legt den Eindruck nahe, daß die politische Praxis nur selten diesem Grundsatz zu genügen vermag. Wenn Politik als die Kunst des Machbaren gelten darf, dann bleibt Ethik als die Lehre des bloß Wünschenswerten zumeist auf der Strecke. Aus dieser Konstellation ergibt sich ein die Politik durchziehender Grundkonflikt, der sich in der Praxis beispielsweise als Gegensatz zwischen „Fundis“ und „Realos“ oder zwischen programmatisch-politischem Grundsatzbeschluß und prosaischem Gremien-kompromiß äußert. In dem Vortrag wird dieser Konflikt von beiden Seiten aus einer philosophischen Perspektive beleuchtet, indem an Beispielen grundsätzlich nachgefragt wird, wieviel Politik für die Ethik wünschenswert ist und wieviel Ethik die Politik zu ertragen vermag.

Vortrag gehalten am 20.10.1998 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

Dr. Michael Dusche – Ethik in der internationalen Politik

Dr. Michael Dusche
Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften, Tübingen

Michael Dusche, geb. 1965 in Niedersachsen, war Mitglied des Graduiertenkollegs am Zentrum für Ethik in den Wissenschaften der Universität Tübingen. Er promovierte bei Professor Dr. Axel Honneth über John Rawls „Gerechtigkeit als Fairneß“ im globalen Kontext.

Ethik in der internationalen Politik

Das widerspenstigste Problem in der Ethik der internationalen Politik und der Grundwiderspruch im internationalen Völkerrechtsregime ist wohl der Widerspruch zwischen Individual- und Kollektivrechten. Einerseits gründet sich das Völkerrechtsregime auf die Idee der individuellen Menschenrechte, deren Ziel es ist, nicht rechfertigungsbedürftige individuelle Ansprüche gegen die Übergriffe eines Kollektivs, des Staates, abzuschirmen. Andererseits ist der Schutz der einzelstaatlichen Autonomie zum Zweck der Friedenserhaltung zwischen den Staaten Hauptziel des Völkerrechtsregimes. Häufig werden die individuellen Menschenrechte dem Kollektivrecht des Staates auf Nichteinmischung in seine Angelegenheiten geopfert.
Michael Dusches Vortrag beleuchtet kritisch verschiedene Lösungsansätze zum Problem des Vorrangs der Individual- bzw. der Kollektivrechte und schlägt einen Ausweg vor.

Vortrag gehalten am 27.01.1999 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

PD Dr. Peter Baumann – Motivationsmacht. Die ethische Herausforderung an die Mächtigen

PD Dr. Peter Baumann
Universität Göttingen

Peter Baumann hat Philosophie und Sozialwissenschaften in Göttingen und Paris studiert. Promoviert und habilitiert wurde er in Göttingen. Schwerpunkte seiner Arbeit sind praktische Philosophie und Erkenntnistheorie. 1993 erschien „Macht und Motivation“.

Motivationsmacht – die ethische Herausforderung an die Mächtigen

Soziale Macht wird gewöhnlich als Fähigkeit verstanden, andere Personen zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen. Weniger bemerkbar ist eine ebenso wichtige, "weichere“ Form von Macht, die nicht auf Zwang setzt, sondern auf die Beeinflussung der Willensbildung der Anderen: Motivationsmacht. Motivationsmacht greift „tiefer“ als die verhaltensbezogene Zwangsmacht und erlaubt es, die üblichen Risiken von Konflikten von vornherein zu umgehen. Welche Rolle spielt diese oft übersehene Form von Macht heute in Staat und Gesellschaft? Welche besonderen ethischen Probleme wirft sie auf? In Peter Baumanns Vortrag wird näher erklärt, worin Motivationsmacht besteht und auf die entsprechenden ethischen Herausforderungen eingegangen.

Vortrag gehalten am 09.02.1999 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

PD Dr. Reiner Manstetten – Hat die Natur einen Wert? Ethische Probleme in der Umweltökonomie

PD Dr. Reiner Manstetten
Universität Heidelberg

Priv. Doz. Dr. Reiner Manstetten, geb. 1953 in Würselen, Rheinland. Studium der Schulmusik, Germanistik und Philosophie in Köln, Freiburg und Heidelberg. Seit 1989 Tätigkeit am Alfred Weber-Institut der Universität Heidelberg, Promotion in Philosophie (1992), Habilitation in den Wirtschaftswissenschaften (1998), Buchveröffentlichungen über Meister Eckhart (1993), Ecological Economics (zusammen mit M. Faber und J. Proops, 1996) sowie das Menschenbild der Ökonomik (erscheint 1999) sowie zahlreiche interdisziplinäre Aufsätze.

Hat die Natur einen Wert? Ethische Probleme der Umweltökonomie

Vortrag gehalten am 08.04.1999 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

„Wert“ ist für die gegenwärtigen Wirtschaftswissenschaften eine subjektive Kategorie. Auch in der Umweltökonomie läßt sich nicht von einem Wert der Natur sprechen: Der methodologische Individualismus der Wirtschaftswissenschaften fordert, den Wert von Arten und Ökosystemen als das Resultat ihrer Bewertungen durch die Individuen zu interpretieren. Der Vortrag soll Stärken und Grenzen dieser Argumentation deutlich machen, indem die Umweltökonomie mit folgenden Fragen konfrontiert wird: Wie läßt sich in ihr (1) die Erhaltung der Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen („nachhaltige Entwicklung“) und (2) ein mögliches Daseinsrecht von Pflanzen- und Tierarten, Landschaften und Ökosystemen („ökologische Ökonomie“) thematisieren? Schließlich wird die Frage nach der Würde der Natur auf einem Weg jenseits der individualistischen Perspektive diskutiert.

Vortrag gehalten am 08.04.1999 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

Prof. Dr. Hans-Martin Sass – Darf die Medizin dem Patienten aus ethischen Gründen die technisch mögliche Hilfe verweigern?

Prof. Dr. Hans-Martin Sass
Georgetown University, Washington

Prof. Dr. Hans-Martin Sass, geb. 1935, ist Senior Research Scholar am Kennedy Institute of Ethics an der Georgetown University in Washington D.C. Er ist zugleich Professor für Philosophie an der Ruhr Universität, Bochum, und Geschäftsführer des dortigen "Zentrums für Medizinische Ethik". Seine Arbeitsgebiete umfassen die neuere Philosophie sowie angewandte Ethik.

Darf die Medizin dem Patienten aus ethischen Gründen die technisch mögliche Hilfe verweigern?

Die Möglichkeiten der modernen Hochleistungstechniken stellen die berufliche wie individuelle Ethik, aber auch Gesellschaft, Kultur und Politik, vor die Frage, ob wir [ethisch] alles tun dürfen, was wir [technisch] können. Insbesondere in den biomedizinischen Wissenschaften und in der Klinik stellen sich diese Fragen nach den Grenzen des Einsatzes von Technik und Können dort, wo bezweifelt werden kann, ob die medizinische Intervention zum Nutzen oder zum Schaden des Patienten erfolgt. Wer aber definiert 'Schaden' und 'Nutzen' in einer Mündigkeitsgesellschaft, – Arzt oder Patient oder die Kasse oder die Politik? Wie kann verhindert werden, daß Patienten gegen ihre Werte und Wünsche eine Übertherapie erhalten oder daß Patienten die unbedingt notwendige medizinische Betreuung vorenthalten wird? Was sind die ethischen Maßstäbe, an denen sich das 'Tun' und das 'Unterlassen' der modernen Medizin orientieren soll, und wo liegt das letzte Wort bezüglich des Einsatzes möglicherweise begrenzter Ressourcen?

Vortrag gehalten am 20.04.1999 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

Dr. Michael Anderheiden – Menschenrechte: Mittler zwischen Recht und Ethik?

Dr. Michael Anderheiden
Universität Heidelberg

Dr. Michael Anderheiden ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Universität Heidelberg. Studium: Jura und Philosophie, juristisches Staatsexamen und Promotion in Philosophie (Münster). Aufenthalte in Cambridge und Harvard.

Menschenrechte: Mittler zwischen Recht und Ethik?

Die Forderung nach Gerechtigkeit gilt als Bindeglied zwischen Recht und Ethik oder Moral. Da wir uns aber über die Konzeption von Gerechtigkeit nicht einig sind, liegt es nahe, auf dasjenige zurückzugreifen, was auf jeden Fall ungerecht ist. Auf jeden Fall ungerecht erscheinen prima facie Menschenrechtsverletzungen: Wer gegen die Menschenrechte verstößt stellt sich außerhalb der rechtlichen wie der moralischen Gemeinschaft. So sollen die Menschenrechte zwischen Recht und Ethik vermitteln. Dieser Vortrag soll allerdings zur Vorsicht raten. Sowohl von ethisch-moralischer wie von juristischer Seite gibt es starke Bedenken dagegen, das Verhältnis von Recht und Moral durch den Verweis auf die Menschenrechte zu bestimmen. Der Vortrag soll vor diesem Hintergrund in die gegenwärtige Diskussion des Verhältnisses von Recht und Ethik einführen und zum Nachdenken darüber anregen, was wir tun, wenn wir Menschenrechtsverletzungen begehen, zulassen oder anprangern und was nicht.

Vortrag gehalten am 12.05.1999 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

Prof. Dr. Dieter Birnbacher – Aussichten eines Klons. Ist es ethisch vertretbar, Menschen zu klonen?

Prof. Dr. Dieter Birnbacher
Universität Düsseldorf

Prof. Dr. phil. Dieter Birnbacher ist Professor für Philosophie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Studium in Düsseldorf, Cambridge und Hamburg. Promotion in Hamburg (1973), Habilitation in Essen (1988). Er ist 1. Vizepräsident der Schopenhauer Gesellschaft e.V., Frankfurt/M. und Mitglied des Vorstands der Akademie für Ethik in der Medizin e.V., Göttingen. Wichtigste Veröffentlichungen: "Verantwortung für zukünftige Generationen" (1988, frz. 1994), "Tun und Unterlassen" (1995).

Aussichten eines Klons. Ist es ethisch vertretbar, Menschen zu klonen?

Die Erregung über Dolly im Frühjahr 1997 hat fast schon vergessen gemacht, daß bereits 1993 nicht nur ein Säugetier-, sondern ein (rudimentärer) menschlicher Klon erzeugt worden war. Bemerkenswert bleibt, daß sich damals die Wogen der Empörung schnell wieder glätteten. Würde dies auch mit dem ersten Versuch des Klonens eines Menschen aus einer Körperzelle à la Dolly so sein? Der Vortrag argumentiert für eine negative Antwort: Das Klonen eines Menschen aus einer Körperzelle ist nicht nur bis auf weiteres mit schwerwiegenden technischen Risiken verknüpft, es ist auch fraglich, ob dem geklonten Menschen selbst sein Schicksal zuzumuten ist. Gegen künstlich erzeugte eineiige Zwillinge, die wie normale Zwillinge gleichzeitig geboren werden, bestehen jedoch vergleichbare Bedenken nicht.

Vortrag gehalten am 26.05.1999 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

Prof. Dr. Günter Ropohl – Kann man Technik mit einer neuen Ethik steuern?

Prof. Dr. Günther Ropohl
Universität Frankfurt am Main

Prof. Dr.-Ing. Günter Ropohl, geb. 1939, lehrt allgemeine Technologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Zum Thema hat er das Buch "Ethik und Technikbewertung" (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1996) geschrieben, mit H. Lenk den Sammelband "Technik und Ethik" (Reclam Universal-Bibliothek, 2. Aufl. 1993) herausgegeben und mit Ch. Hubig u.a. das Funkkolleg "Technik" (1994/95) betreut.

Kann man Technik mit einer neuen Ethik steuern?

Um der wachsenden Ambivalenz von Technikfolgen zu begegnen, werden gegenwärtig zwei heterogen erscheinende Konzepte diskutiert: das Konzept der ethischen Techniksteuerung (Berufsethik des Ingenieurs) und das Konzept der politischen Techniksteuerung (Technikfolgen-Abschätzung bzw. Technikbewertung). Das Konzept der ethischen Techniksteuerung geht davon aus, daß alle Verantwortung für die Folgen der technischen Entwicklung bei den einzelnen Menschen liegt, die diese Entwicklung betreiben, also bei den Wissenschaftlern, Ingenieuren und Managern. Tatsächlich wird aber Verantwortungsfähigkeit der einzelnen durch theoretische und praktische Schwierigkeiten eingeschränkt. Technische Entwicklung ist ein sozialer Prozeß und kann letztlich auch nur gesellschaftlich verantwortet werden. Darum muß Verantwortung auf korporatives und kollektives Handeln ausgedehnt und in entsprechenden Institutionen konkretisiert werden. Es gilt also, den technikethischen Diskurs und den Diskurs der Technikbewertung zu einer Synthese zusammenzuführen.

Vortrag gehalten am 08.06.1999 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

Dr. Angelika Krebs – Recht auf Arbeit oder Grundeinkommen?

Dr. Angelika Krebs
Universität Frankfurt am Main

Dr. Angelika Krebs hat Philosophie und Germanistik in Freiburg, Oxford, Konstanz und Berkeley studiert. Sie promovierte 1993 bei Friedrich Kambartel, Bernard Williams und Jürgen Habermas in Frankfurt. Derzeit ist sie Assistentin am Institut für Philosophie der Universität Frankfurt. Zuletzt erschien: "Ethics of Nature. A Map" und der von ihr edierte Sammelband "Naturethik. Grundtexte der gegenwärtigen tier- und ökoethischen Diskussion" im Frankfurter Suhrkamp Verlag (1997).

Recht auf Arbeit oder Grundeinkommen?

Die Antwort, die dieser Vortrag auf die Titelfrage entwickelt, besteht in einem "sowohl als auch". Das Recht auf Arbeit begründet er über das Menschenrecht auf soziale Anerkennung oder Zugehörigkeit, das in Arbeitsgesellschaften die Form eines Rechts auf Arbeit annimmt. Das Recht auf Grundeinkommen begründet er über die Unbedingtheit moralischen Respektes für die Menschenwürde eines jeden, auch eines Arbeitsunwilligen.

Vortrag gehalten am 22.06.1999 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

Prof. Dr. Helmut F. Spinner – Informationelle Fremdbestimmung als ethische Herausforderung des Informationszeitalters

Prof. Dr. Helmut F. Spinner
Universität Karlsruhe

Prof. Dr. Helmut F. Spinner ist Professor für Wissenschafts- und Technikphilosophie sowie Leiter des Studium Generale und des Deutsch-Russischen Kollegs an der Universität Karlsruhe. Studium der Ökonomie, Philosophie, Soziologie und Psychologie in Mannheim, Köln und Heidelberg. European Research Fellow an der London School of Economics and Political Science, Department of Philosophy. Er ist Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste (Salzburg). Zuletzt erschien: Die Architektur der Informationsgesellschaft (1998).

Informationelle Fremdbestimmung als ethische Herausforderung des Informationszeitalters


Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15.12.1983 wird von den Verhältnissen in der Netzwelt unterlaufen. Die heutigen Möglichkeiten der informationellen Fremdbestimmung durch Informationseingriffe gehen über die damaligen Befürchtungen der Einsicht- und Einflußnahme, der Bildung von "Persönlichkeitsprofilen" etc. weit hinaus. Die neuen Realitäten der offenen, kriterienfreien Informationsnetze zeigen die Grenzen des rechtlichen Datenschutzes unter den Bedingungen des "Regierens ohne Regierung" auf. Welches Wissensregime wird künftig vorherrschen?

Vortrag gehalten am 14.07.1999 im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg

Dieser Vortrag war Teil der Veranstaltungsreihe „Neue ethische Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg.

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