In/Stabilitäten – Prozessualität in der Wissenschafts- und Technikforschung

 

Die Arbeiten, die in den letzten gut 30 Jahren im Bereich der Science and Technology Studies entstanden sind, haben einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, das Verständnis von Stabilität und Instabilität in Bezug auf Objekte und Subjekte einer kritischen Revision zu unterziehen. In bewusster Abwendung von sozialkonstruktivistischen Ansätzen der Wissenschaftsforschung wurde versucht, den jeweiligen Untersuchungsgegenstand nicht in einen stabilen sozialen Kontext einzustellen, um von dort aus Erklärungen für das Handeln der Akteure abzuleiten, sondern gerade die Koproduktion von content und context zu betonen. Damit verschob sich nicht nur die Perspektive weg von unilinearen und groß angelegten Kausalzusammenhängen (der soziale Kontext, das Subjekt) hin zu immer kleinteiligeren Settings, in denen sich alle Positionen – Aussagen, Konzepte, Objekte, Subjekte – relational und epistemologisch symmetrisch zueinander ausbilden; zudem wurde auch die Gültigkeitsdauer dieser neuen ‚unreinen‘ Verbindungen radikal herabgestuft. Die Aufmerksamkeit richtete sich auf örtlich sowie zeitlich höchst ‚punktualisierte‘ Anordnungen. Dauer, Stabilität und Geschlossenheit von technowissenschaftlichen Objekten wurden nicht mehr als eine unhintergehbare Voraussetzung betrachtet, sondern als Effekt der Ausbildung heterogener Netzwerkstrukturen. Solche Effekte und Resultate, so die empirisch geleitete Annahme, bedürfen gleichwohl einer machtvollen Durchsetzung und andauernder Aufrechterhaltung. Im Rahmen des STS-Projekts "Reflexive Praktiken" lädt das Institut für Kulturforschung Heidelberg dazu ein, diese Vorgänge des Werdens und Stabilisierens als Prozesse genauer in den Blick zu nehmen, mithin Prozesshaftigkeit analytisch ernst zu nehmen.

Termin: 02.-03.12.2011
Ort: TU Darmstadt

Audio-Aufzeichnungen

Programm

Freitag, 02.12.2011

13.00-14.00 Katharina Kinder (Heidelberg), Carsten Ochs (Frankfurt/M.): Begrüßung und Einführung

14.00-14.45 Holger Braun-Thürmann (Hamburg): Kurven, Zyklen, Preise, Speicher - der globale Klimawandel und die Karbonisierung der Gesellschaft

14.45-15.30 Wiebke Pohler (Eichstätt-Ingolstadt): "Biographien" nanomedizinischer Forschungsobjekte

16.00-16.45 Marcel Endres (Darmstadt) "There's no place like nowhere." Zur soziodynamischen Ambivalenz von Praktiken und Dispositiven räumlicher Mobilität

16.45-17.30 Martin Deschauer (Frankfurt/M.): Die Instabilität epistemischer Objekte am Beispiel der Neurowissenschaften

18.00-19.00 Abend-Keynote Andreas Langenohl (Gießen): Wohin mit "Kultur" in den Science and Technology Studies?

Audio-Aufzeichnung Keynote Langenohl


Samstag, 03.12.2011

9.00-10.00 Morgen-Keynote Michael Schillmeier (München): Angenommen: "Alle Dinge sind Gesellschaften" – Monadologisches Denken jenseits des 'Entweder Oder'

Audio-Aufzeichnung Keynote Schillmeier

10.00-10.45 Christian Knirsch (Mannheim): Paradigmenwechsel, Evolution, Prozessualität: Erkenntnistheorie als (meta-)wissenschaftliche "trading zone"

11.15-12.00 Petra Ilyes (Frankfurt/M.): "Processes of entanglement" – am Beispiel der Ko-Entwicklung einer Online-Lernumgebung